Gesundheitsminister Jens Spahn will die Fachärzte enger an die Kandare nehmen und zugleich Zulassungsbeschränkungen zeitweise suspendieren.
Der Aufschrei war groß, als kürzlich das Terminservice- und Versorgungsgesetz das Bundeskabinett passierte. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn möchte gesetzlich Versicherten mit dem Regelwerk schnellere Facharzttermine verschaffen. Dazu sollen unter anderem die niedergelassenen Mediziner ihr Sprechstundenangebot im Gegenzug für finanzielle Anreize erweitern, die KV-Terminservicestellen erhalten zusätzliche Befugnisse.
Ärztevertreter reagierten einhellig auf das Gesetz und senkten den Daumen. Die KBV kritisiert das Regelwerk als zu kleinteilig, es verbessere die Versorgung keineswegs und mache eine Niederlassung für Mediziner auch nicht einladender. Vor allem aber sei es ein eklatanter Eingriff in die Praxisorganisation, in dem sich „Misstrauen gegenüber der Selbstverwaltung“ widerspiegele. „Wer so denkt, betätigt sich als Totengräber des ambulanten Systems“, warnt gar eine Resolution der KBV-Vertreterversammlung. Der AOK-Bundesverband sieht hingegen für die Patienten „entscheidende Verbesserungen“ durch das Gesetz.
Niederlassungshürden für Pädiater, Psychiater und Rheumatologen gesenkt
Freuen können sich jedenfalls niederlassungswillige Fachärzte aus den Bereichen Pädiatrie, Psychiatrie und Rheumatologie: Die für sie geltenden Zulassungsbeschränkungen werden temporär suspendiert, bis die Bedarfsplanung vom Gemeinsamen Bundesausschuss aktualisiert wurde.
Auch damit löst Minister Spahn nicht nur Jubel unter den Betroffenen aus. Kritisch äußerte sich neben der KV Nordrhein auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), der sich „irritiert“ zeigte, nicht konsultiert worden zu sein, und anklagend fragte: „Wie sorgen Sie, Herr Minister, angesichts des Kinder- und Jugendärzte-Mangels für die Umsetzung dieser Pläne?“
„Segnungen“ für Ärzte
Neben der Kritik enthält der Gesetzentwurf aber durchaus auch einige „Segnungen“ für Ärzte. So gibt es einen einmaligen extrabugdetären Zuschlag auf die Grund- und Versichertenpauschale in Höhe von 25 Prozent, wenn es sich um einen Neupatienten handelt und 15 Prozent Zuschlag, wenn ein Patient in der offenen Sprechstunde behandelt wird (nur auf Überweisung, außer Augen- und Frauenarzt). Das Ganze lässt sich sogar kombinieren. Also ein Neupatient in einer offenen Sprechstunde bringt 40 Prozent Zuschlag. Neupatient sind tatsächliche Neupatienten bzw. Patienten, die mehr als vier Jahre nicht in der Praxis waren.
Hausärzte bekommen noch einen weiteren Bonus und zwar, wenn sie Patienten erfolgreich einen dringlichen Facharzttermin vermitteln, also aktiv vermitteln. Dafür gibt es 5 Euro pro erfolgreicher Vermittlung.
Nach derzeitiger Planung wird das Gesetz im April 2019 in Kraft treten und es befindet sich derzeit noch im parlamentarischen Verfahren. Veränderungen am Gesetz sind also noch möglich.
Weitere Fragen zu diesem Thema oder anderen Themen wie etwa zur Praxisgründung oder -nachfolge? Dann vereinbaren Sie am besten gleich hier Ihren kostenfreien Ersttermin.